Hintergrundinformation: BVL genehmigt Freisetzung eines gentechnisch veränderten Bakterienstammes

Impfstoff soll Fohlen vor Lungenentzündung schützen

Datum: 04.06.2012

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in Berlin hat am 4. Juni 2012 der Intervet International B.V. die Freisetzung des gentechnisch veränderten Bakterienstammes Rhodococcus equi RG2837 genehmigt. Damit darf in den Jahren 2012 bis 2014 am Standort Grabow/Ortsteil Heidehof (Mecklenburg-Vorpommern) dieser gentechnisch veränderte Bakterienstamm erprobt werden.

Der Stamm R. equi RG2837 wurde als möglicher Impfstoff für Pferdefohlen unter Verwendung gentechnischer Verfahren entwickelt. Der in der Natur verbreitete Wildtyp des Bakteriums kann bei Fohlen eine Lungenentzündung verursachen. Bei den gentechnisch veränderten Bakterien wurden gezielt mehrere Gene entfernt. Dadurch wurde die Pathogenität des Bakteriums reduziert, sodass der gentechnisch veränderte Stamm bei Pferden keine Erkrankung mehr verursachen kann. Die abgeschwächten Bakterien eignen sich deshalb für eine Verwendung als Lebendimpfstoff. Neue Gene wurden nicht eingeführt. Experimente haben bereits gezeigt, dass der gentechnisch veränderte Impfstamm in der Umwelt nicht länger überlebt als der Wildtypstamm.

Die Studie soll in einem Gestüt in Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt werden, dessen Fohlen häufig durch natürlich vorkommende R. equi erkranken. Im Rahmen der Freisetzung sollen insgesamt 120 Fohlen über einen Zeitraum von maximal drei Jahren geimpft werden. Der gesamte Freisetzungsversuch findet in einem Stallgebäude statt, das 12 km vom Hauptstandort des Gestüts entfernt liegt.

Das BVL kommt in seiner Sicherheitsbewertung zu dem Schluss, dass von dem Freisetzungsversuch keine gentechnikspezifischen schädlichen Einflüsse auf Menschen und Tiere sowie auf die Umwelt zu erwarten sind. Im Jahr 2011 hat die Firma Intervet bereits einen Freisetzungsversuch mit dem Impfstamm in den Niederlanden durchgeführt. Im Rahmen dieses Versuches wurden keine impfstoffspezifischen Besonderheiten festgestellt. Vorsorglich hat das BVL strenge Auflagen angeordnet, um die Freisetzung zu begrenzen und damit zu verhindern, dass sich größere Mengen der gentechnisch veränderten Bakterien außerhalb des Stallgebäudes in der Umwelt etablieren. Ein eventueller Austrag geringer Mengen des Impfstamms stellt kein erhöhtes Risiko für Mensch, Tier und Umwelt im Vergleich zur weiten Verbreitung pathogener R. equi-Wildtypstämme dar.

Die Pferde sind für die Dauer des Freisetzungsversuches ausschließlich in einem Stallgebäude zu halten, das an drei Seiten mit festen Wänden und an der vierten Seite mit einem Gatter versehen ist. Sie sollen frühestens sechs Wochen nach der letzten Impfung auf das Hauptgestüt zurückgebracht werden. Allerdings dürfen nur Tiere, die den gentechnisch veränderten Impfstamm nachweislich nicht ausscheiden, den Freisetzungsstandort verlassen und zum Hauptgestüt transportiert werden. Solange am Versuch teilnehmende Pferde am Ort der Freisetzung gehalten werden, sind das Stallgebäude und dessen unmittelbare Umgebung täglich zu kontrollieren. Stroh, Einstreu und Mist aus dem Stall werden verbrannt. Nachdem alle Studienpferde den Freisetzungsstandort verlassen haben, werden einmal im Jahr der Stall, der gesamte Betonboden in und vor dem Stall sowie sämtliche verwendete Gerätschaften mit einem geeigneten Desinfektionsmittel desinfiziert.

Bei dem geplanten Freisetzungsversuch handelt es sich um ein rein experimentelles Vorhaben mit dem Zweck, vorhandene Labordaten zur Wirksamkeit der Impfung unter Praxisbedingungen zu bestätigen. Die Freisetzung ist Bestandteil einer Studie, deren Ziel die Erhebung von Daten ist, mit denen bei der Europäischen Arzneimittelagentur die Zulassung des Impfstoffs gemäß der EU-Richtlinie 2001/82/EG beantragt werden soll. Die Markteinführung eines wirksamen Impfstoffs würde dazu beitragen, den Einsatz von Antibiotika auf infizierten Gestüten zu vermindern und somit auch der Entstehung von Antibiotikaresistenzen vorbeugen.

Der Öffentlichkeit wurde durch die Auslegung der Antragsunterlagen die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben. Die insgesamt 437 Einwendungen wurden bei der fachlichen und rechtlichen Bewertung des Antrags geprüft und im Genehmigungsbescheid gewürdigt. Für die Entscheidung des BVL wurden Stellungnahmen des Bundesamts für Naturschutz, des Bundesinstituts für Risikobewertung und des Robert Koch-Instituts eingeholt. Gleichzeitig wurden Stellungnahmen des unabhängigen Wissenschaftler- und Sachverständigengremiums, der Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit, des Julius Kühn-Instituts, des Friedrich-Loeffler-Instituts und des Landes Mecklenburg-Vorpommern in die Entscheidung einbezogen.

Hintergrundinformation

Das BVL ist zuständig für den Vollzug wichtiger Teile des Gentechnikgesetzes. Es berät die Bundesregierung sowie die Länder und ihre Gremien in Fragen der biologischen Sicherheit in der Gentechnik. Gentechnisch veränderte Organismen müssen zunächst ein Genehmigungsverfahren beim BVL positiv durchlaufen, ehe sie freigesetzt werden dürfen. Ferner führt das BVL die Geschäftsstelle der Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit. Das BVL ist die national zuständige Behörde für gemeinschaftliche Genehmigungsverfahren der EU zum Inverkehrbringen gentechnisch veränderter Organismen. Als nationale Kontaktstelle des Internationalen Übereinkommens über die biologische Sicherheit managt das BVL für Deutschland den Informationsaustausch über lebende gentechnisch veränderte Organismen im so genannten Biosafety Clearing House.

Ausgabejahr 2012
Datum 04.06.2012

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