Neuigkeiten zur Verbrauchsmengenerfassung antimikrobieller Arzneimittel bei Rindern, Schweinen, Hühnern und Puten (1. Erfassungsstufe für die Meldung an die EU)

Ab dem Jahr 2023 sind alle Mitgliedstaaten der EU nach Artikel 57 der europäischen Tierarzneimittelverordnung (VO (EU) 2019/6) verpflichtet, die bei allen Rindern, Schweinen, Hühnern und Puten eingesetzten Mengen von antimikrobiellen Arzneimitteln (Verschreibung, Anwendung oder Abgabe) zu erfassen und im darauffolgenden Jahr der Europäische Arzneimittelagentur (EMA) mitzuteilen.

Datum: 20.12.2022

Die Pflicht zur Verbrauchsmengenerfassung antimikrobieller Arzneimittel liegt in der europäischen Gesetzgebung begründet und ist ab dem Jahr 2023 für Rinder, Schweine, Hühner und Puten verpflichtend. Hintergrund sind die zunehmenden Resistenzen potenziell pathogener Erreger gegenüber antimikrobiellen Stoffen (antimikrobielle Resistenzen - AMR), die für Menschen und Tiere ein erhebliches gesundheitliches Risiko darstellen und weitreichende Auswirkungen auf die Gesundheit, die Umwelt und das Wirtschaftswachstum haben.

Für die effektive Bekämpfung der AMR wird ein Blick auf die aktuelle Situation notwendig sein, um Maßnahmenfelder identifizieren und ihre Wirksamkeit überprüfen zu können. Ein wichtiger Baustein ist hier die Verbrauchsmengenerfassung antimikrobieller Arzneimittel bei Tieren, die im Art. 57 der europäischen Tierarzneimittelverordnung (VO (EU) 2019/6) und in den Nachfolgeverordnungen (Delegierten Verordnung (EU) 2021/578 mit ausführliche Hinweisen zur Datenerhebung und der Durchführungsverordnung (EU) 2022/209 mit den Datenformaten) festgehalten worden ist. Diese europäischen Anforderungen wurden als Änderungen in das Tierarzneimittelgesetz (TAMG) aufgenommen. Der Bundesrat hat dem am 16.12.22 zugestimmt und sie sind ab dem 01.01.2023 anzuwenden. Die entsprechende Pressemitteilung finden Sie hier.

Nach dem neuen § 56 des TAMG müssen Tierärztinnen und Tierärzte oder ein von ihnen beauftragter Dritter ab dem 01.01.2023 die Verwendung (Verschreibung, Anwendung oder Abgabe) von antibiotisch wirksamen Arzneimitteln bei Tieren aller Nutzungsarten vom Rind, Schwein, Huhn und Pute (siehe Tabelle – Auflistung der Nutzungsarten) der zuständigen Behörde elektronisch mitteilen.

Tabelle - Auflistung der Nutzungsarten, für die ab dem 1. Januar 2023 nach den Änderungen zum Tierarzneimittelgesetz die Verbrauchsmengen antibiotischer Arzneimittel erfasst werden müssen

NutzungsartErläuterungen
Rinder
Milchkühe*Rinder, die der Milcherzeugung dienen, ab der ersten Abkalbung
Kälber, Zukauf*nicht auf dem Tierhaltungsbetrieb geborene Kälber ab der Einstallung im aufnehmenden Betrieb bis zu einem Alter von 12 Monaten
Mastrinderzur Mast gehaltene Rinder ab einem Alter von 12 Monaten 
sonstige RinderRinder ab einem Alter von 12 Monaten, die weder Milchkühe noch Mastrinder sind 
Kälber, eigene Aufzuchtauf dem Tierhaltungsbetrieb geborene Kälber bis zu einem Alter von 12 Monaten (seit der Geburt auf dem gleichen Betrieb verblieben) 
Rinder im TransitRinder, die durch Besitzer- oder Standortwechsel nur wenige Stunden bis zu einer Woche gehalten werden 
Schweine
Saugferkel*nicht abgesetzte Saugferkel ab der Geburt bis zu dem Zeitpunkt, an dem das jeweilige Tier vom Muttertier abgesetzt wird
Ferkel unter 30 kg*Ferkel ab dem Zeitpunkt, ab dem das jeweilige Tier vom Muttertier abgesetzt wird bis zum Erreichen eines Gewichts von 30 kg
Mastschweine*zur Mast bestimmte Schweine ab einem Gewicht von mehr als 30 kg
Zuchtschweine*zur Zucht gehaltene Sauen und Eber ab der Einstallung zur Ferkelerzeugung
sonstige Schweinenicht zur Mast bestimmte Schweine ab einem Gewicht von 30 kg 
Schweine im TransitSchweine, die durch Besitzer- oder Standortwechsel nur wenige Stunden bis zu einer Woche gehalten werden 
Hühner
Masthühner*zur Gewinnung von Fleisch bestimmte Hühner ab dem Zeitpunkt des Schlüpfens des jeweiligen Tieres
Legehennen*zur Gewinnung von Konsumeiern bestimmte Hühner ab der Aufstallung im Legebetrieb
Junghennen*zur Gewinnung von Konsumeiern bestimmte Hühner ab dem Zeitpunkt des Schlüpfens des jeweiligen Tieres bis zur Aufstallung im Legebetrieb
Hühner-EintagskükenHühner-Eintagsküken in Brütereien und beim Transport 
sonstige HühnerHühner, die weder Masthühner, Legehennen, Junghennen noch Eintagsküken sind 
Puten
Mastputen*zur Gewinnung von Fleisch bestimmte Puten ab dem Zeitpunkt des Schlüpfens des jeweiligen Tieres
Puten-EintagskükenPuten-Eintagsküken in Brütereien und beim Transport 
sonstige PutenPuten, die weder Mastputen noch Eintagsküken sind 
*Nutzungsarten, bei denen die Arzneimittelverwendungen für die Ermittlung der Therapiehäufigkeiten verwendet werden, sofern festgelegte Bestandsgrößen überschritten worden sind.

Welche Arzneimittel mitteilungspflichtig sind, wird im Absatz 1 des neuen § 56 TAMG definiert (Nummer 3 und 4 Absatz 1 bis 5 und Absatz 10 des Anhangs der Delegierten Verordnung (EU) 2021/578). Die Präparate mit den dort aufgelisteten ATC/ATCvet-Codes sind in Arzneimittellisten enthalten, die das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) erstellt und regelmäßig aktualisiert. Die erforderlichen Daten, die für jede Arzneimittelverwendung (Verschreibung, Anwendung oder Abgabe) erfasst werden müssen, sind in der nachfolgenden Tabelle aufgelistet.

Tabelle - Erforderliche Angaben für die Mitteilung der Verwendung antibiotisch wirksamer Arzneimittel nach § 56 TAMG

Erforderliche DatenErläuterungIst die elektronische Übermittlung dieser Daten erforderlich (Meldung an die HI-Tier)
UPD-Package Identifier
(Nr. 4 des Anhangs II der VO (EU) 2022/209)
Eindeutiger, einzigartiger  Identifizierungscode des Arzneimittels (mit Informationen zu Packungsgröße und Verpackung) zum Vergleich unter den MitgliedstaatenJa, aber alternativ kann die Packungs-Id übermittelt werden, woraus das System den erforderlichen UPD-Package-Identifier füllen kann.

Eine Auswahl erfolgt über die Beschreibung der Verpackung samt Inhalt.
Zulassungsnummer
(Nr. 5 des Anhangs II der VO (EU) 2022/209)
Bezugsnummer der nationalen DatenbankJa, aber alternativ kann sie nach Eingabe des Arzneimittelnamens aus den Vorgaben ausgewählt werden.
Arzneimittelbezeichnung
(Nr. 6 des Anhangs II der VO (EU) 2022/209)
Der Name des ArzneimittelsNein, wenn das System die erforderliche Bezeichnung aus der Zulassungsnummer füllen kann.

Alternativ wird der Name aus einem Dropdown-Menü ausgewählt und die Zulassungsnummer wird vorgeschlagen.

Bei nicht gelisteten Arzneimitteln ist die Angabe der Arzneimittelbezeichnung erforderlich
Packungsgröße
(Nr. 9 des Anhangs II der VO (EU) 2022/209)
Die Packungsgröße des ArzneimittelsNein, diese wird vom System automatisch aus der Packungsidentifikation (Packungs-ID oder UPD-Package Identifier) abgeleitet.
Name der Tierarztpraxis, der Tierärztin oder des TierarztesEntsprechend  der Stammdaten zur BetriebsnummerDurch Angabe der Betriebsnummer wird das System automatisch den Name ableiten.
Datum der Verschreibung, der ersten Anwendung oder das Abgabedatum Ja
Insgesamt verschriebene, angewendete oder abgegebene Menge dieses ArzneimittelsEintrag mit Auswahl dazugehöriger EinheitJa
NutzungsartAuswahl entsprechend der hinterlegten Liste in HI-TierJa
Anzahl behandelter Tiere Ja
Anzahl Behandlungstage Ja
VVVO-Nr. (Registriernummer des tierhaltenden Betriebs) Ja

Wichtig ist, dass nicht nur die Mengen erfasst werden müssen, sondern auch die Packungsgröße mit der dazugehörigen Einheit. Da die Auswertung bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) auf Packungseben erfolgt wurde zur eindeutigen Vergleichbarkeit der Daten zwischen den Mitgliedstaaten eine unverwechselbare Identifizierung jeder Produktaufmachung für die einzelnen Arzneimittel erstellt – der sogenannte UPD-Package Identifier. Dieser Code ist für jedes Produkt einzigartig und in ihm sind u.a. die Arzneimittelbezeichnung, die Packungsgröße und die Beschreibung der Packung samt Inhalt (Form und Material) hinterlegt. Der UPD-Package Identifier ist in der Union Product Database (UPD) zu finden. Auf Grund von technischen Verzögerungen ist es möglich, dass der UPD-Package Identifier nicht für alle Arzneimittel hinterlegt sein wird. Daher kann alternativ über die Auswahl bzw. Übermittlung der Packungs-ID der richtige UPD-Package Identifier zugeordnet werden. Die Packungs-ID ist eine laufende Nummer, die für die jeweiligen Arzneimittel unterschiedlicher Packungsgröße bzw. mit verschiedenen Umverpackung (z. B. Plastikbehältnis, Blister) vergeben wurde. Diese kann genauso wie der UPD-Package Identifier über die Beschreibung der Verpackung samt Inhalt ausgewählt werden.

Das BVL wird diese Daten in regelmäßig aktualisierten Arzneimittellisten bereitstellen. Sie können diese Listen bei der HI-Tier auf der Seite www.hi-tier.de/Entwicklung/ finden. Bitte beachten Sie, dass Sie für den Download in der Anwendung angemeldet sein müssen. Die Daten sind auch in der Meldemaske der Tierarzneimittel-Datenbank der HI-Tier hinterlegt.

Die elektronische Übermittlung an die nationale Datenbank für die Verbrauchsmengenerfassung (HI-Tier) muss spätestens 14 Tage nach Abschluss des jeweiligen Halbjahres erfolgen. Dies kann entweder direkt in der Datenbank, über eine Schnittstelle mit der Praxissoftware (nach entsprechender Anpassungen) oder über eine sogenannte „Massenmeldung per Datei“ (CSV) aus der Praxissoftware mit den erforderlichen Daten erfolgen.

Unter diesem Link haben wir Fragen und Antworten zur Verbrauchsmengenerfassung für Sie festgehalten.

Bei weiteren Fragen finden Sie zusätzliche Informationen und Hilfestellungen auf unserer Webseite www.bvl.bund.de/verbrauchsmengenerfassung und auf den Seite von der HI-Tier
www.hi-tier.de/Entwicklung/.

Ausgabejahr 2022
Datum 20.12.2022

Pressekontakt

Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
Presse und Öffentlichkeitsarbeit • Gerichtstraße 49 • 13347 Berlin
Telefon: 030 18444 -88250 • Fax: 030 18444 -89999
E-Mail Adresse: presse@bvl.bund.de