Neue Regelungen für bestimmte Produkte ohne medizinische Zweckbestimmung für Anwendungen im Humanbereich

Injektionen und dergleichen fallen ab dem 26. Mai 2021 unter die Verordnung für Medizinprodukte

Datum: 26.05.2021

Bestimmte Produkte, Stoffe und Geräte zur Injektion oder zu anderen Anwendungen ohne medizinische Zweckbestimmung im Humanbereich sind ab dem 26. Mai 2021 in der Verordnung über Medizinprodukte geregelt. Dies erhöht die Sicherheit im Sinne des Verbraucherschutzes.

Das Bild zeigt eine flache Laienkomposition mit medizinischen Objekten auf farbigem Hintergrund. medizinische Objekte auf farbigem Hintergrund medizinische Objekte auf farbigem Hintergrund Quelle: New Africa /stock.adobe.com

Bislang fielen derartige Produkte, die zum Beispiel das Aussehen verändern, aber keine kosmetischen Mittel oder Bedarfsgegenstände sind, lediglich unter die allgemeinen Regelungen des Produktsicherheitsgesetzes (ProdSG). Bestimmte Produkte, die den Medizinprodukten ähnlich waren oder ähnlich verwendet wurden, wurden aufgrund der fehlenden medizinischen Zweckbestimmung bislang nicht als solche geregelt. Dazu zählen beispielsweise Injektionen oder sonstiges Einbringen von Stoffen oder Gegenständen in oder unter die Haut zur Veränderung des Aussehens.

Ab 26. Mai 2021 gilt die Verordnung (EU) 2017/745 des europäischen Parlamentes und des Rates über Medizinprodukte (Verordnung über Medizinprodukte – Medical Device Regulation – MDR). Dies führt zu Anpassungen* der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 sowie zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 94/42/EWG. Der Geltungsbereich der Verordnung (EU) 2017/745 soll klar vom Geltungsbereich anderer harmonisierender Rechtsvorschriften der Union abgegrenzt werden, die die Produkte wie In-vitro-Diagnostika, Arzneimittel, kosmetische Mittel und Lebensmittel betreffen.

Künftig sind neben den "klassischen" Medizinprodukten bisher nicht explizit geregelte Produkte ohne medizinische Zweckbestimmung in Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte geregelt, sofern sie in eine unter Anhang XVI aufgeführte Produktgruppe fallen. Dies betrifft u.a. Produkte im Bereich der Abgrenzung zu kosmetischen Mitteln, wo es zur Veränderung des Aussehens, z.B. Faltenreduzierung durch Injektion von Füll- oder auch Wirksubstanzen geht. Aber auch Produkte, die bislang im Abgrenzungsbereich zwischen Bedarfsgegenständen und Medizinprodukten standen, wie gefärbte Kontaktlinsen ohne optisch korrigierende Funktion.

In Anhang XVI der Verordnung über Medizinprodukte sind u.a. folgende Produktgruppen gelistet:

  1. Kontaktlinsen oder andere zur Einführung in oder auf das Auge bestimmte Artikel.
  2. Produkte, die dazu bestimmt sind, durch chirurgisch-invasive Verfahren zum Zwecke der Modifizierung der Anatomie oder der Fixierung von Körperteilen vollständig oder teilweise in den menschlichen Körper eingeführt zu werden, mit Ausnahme von Tätowierungs- und Piercingprodukten.
  3. Stoffe, Kombinationen von Stoffen oder Artikel, die zur Verwendung als Gesichts- oder sonstige Haut- oder Schleimhautfüller durch subkutane, submuköse oder intrakutane Injektion oder andere Arten der Einführung bestimmt sind, mit Ausnahme derjenigen für Tätowierungen,
  4. Geräte, die zur Reduzierung, Entfernung oder Zersetzung von Fettgewebe bestimmt sind, wie etwa Geräte zur Liposuktion, Lipolyse oder Lipoplastie.
  5. Für die Anwendung am menschlichen Körper bestimmte Geräte, die hochintensive elektromagnetische Strahlung (Infrarotstrahlung, sichtbares Licht, ultraviolette Strahlung) abgeben, kohärente und nichtkohärente Lichtquellen sowie monochromatisches Licht und Licht im Breitbandspektrum eingeschlossen, etwa Laser und mit intensiv gepulstem Licht arbeitende Geräte zum Abtragen der oberen Hautschichten („skin resurfacing“), zur Tattoo- oder Haarentfernung oder zu anderen Formen der Hautbehandlung.
  6. Geräte zur transkraniellen Stimulation des Gehirns durch elektrischen Strom oder magnetische oder elektromagnetische Felder zur Änderung der neuronalen Aktivität im Gehirn.

Abgrenzung zu Produkten des Lebensmittelrechts

Gemäß Art. 2 der EU-Kosmetikverordnung (VO (EG) Nr. 1223/2009) sind „kosmetische Mittel“ Stoffe oder Gemische, die dazu bestimmt sind, äußerlich mit den Teilen des menschlichen Körpers (Haut, Behaarungssystem, Nägel, Lippen und äußere intime Regionen) oder mit den Zähnen und den Schleimhäuten der Mundhöhle in Berührung zu kommen, und zwar zu dem ausschließlichen oder überwiegenden Zweck, diese zu reinigen, zu parfümieren, ihr Aussehen zu verändern, sie zu schützen, sie in gutem Zustand zu halten oder den Körpergeruch zu beeinflussen.

Eine Injektion oder sonstiges Einbringen in bzw. unter die Haut ist durch das Kosmetikrecht nicht abgedeckt. In Deutschland gibt es für das Einbringen von Farben in oder unter die Haut zwar die Tätowiermittel-Verordnung und Piercing-Produkte fallen unter die Bedarfsgegenstände-Verordnung. Dies bleibt auch weiter so und ist von den Regelungen in der Verordnung über Medizinprodukte ausgenommen.

Die Frage der Abgrenzung zwischen verschiedenen Produktbereichen gibt es immer wieder. Die Europäische Kommission stellt daher Leitlinien u.a. zur Abgrenzung von kosmetischen Mitteln und Medizinprodukten bereit.

Ergänzende Hinweise:

Mit Verordnung (EU) 2020/561 wurde der Geltungsbeginn zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/745 zu Medizinprodukten vom 26. Mai 2020 auf den 26. Mai 2021 auf Grund der Covid-19-Pademie verschoben. Die Verordnung (EU) 2017/746 zur In-Vitro-Diagnostik gilt ab dem 26. Mai 2022.

Ab 26.05.2021 gilt in Deutschland noch zusätzlich das Gesetz zur Anpassung des Medizinprodukterechts an die Verordnung (EU) 2017/745 und die Verordnung (EU) 2017/746 (Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetz – MPEUAnpG).

Mehr zum Thema Medizinprodukte erfahren Sie auf der Webseite des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Für die Überwachung von Arzneimitteln und Medizinprodukten sind die zuständigen Behörden der Länder zuständig (www.zlg.de).

Hinweis:

Das BVL ist nicht für die Einstufung und Begutachtung von Produkten zuständig. Die Einstufung ist Aufgabe der Überwachungsbehörden der Bundesländer und erfolgt meist als Einzelfallentscheidung anhand der Kennzeichnung, ggf. beiliegender Informationen oder Informationen der Hersteller oder Importeure. Die Kontrolle von Tätowiermitteln (u.a. Permanent-Makeup) und kosmetischen Mitteln erfolgt durch die für LFGB-Produkte zuständigen Kreisverwaltungsbehörden der Bundesländer (www.bvl.bund.de/lebensmittelueberwachungDerBundeslaender, www.bvl.bund.de/kosmetikbehoerden).

* Dies erfolgt in Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 in dem der Buchstabe „i) Medizinprodukte im Sinne der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates (*)“ angefügt wird. In Artikel 2 der Verordnung (EC) Nr. 1223/2009 wird folgender Absatz angefügt: „(4) Auf Ersuchen eines Mitgliedstaats oder auf eigene Initiative kann die Kommission die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um zu bestimmen, ob ein spezielles Produkt oder eine spezielle Gruppe von Produkten unter die Definition ‚kosmetisches Mittel‘ fällt oder nicht. Diese Maßnahmen werden gemäß dem in Artikel 32 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren erlassen.“

Ausgabejahr 2021
Datum 26.05.2021

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