Antibiotikaresistenzen
bei Lebensmittel liefernden Tieren

Um den Antibiotikaeinsatz in den Betrieben weiter reduzieren zu können, ist vor allem eines wichtig: Prävention, also das Verhindern des Auftretens von Erkrankungen. Denn ein
gesundes Tier benötigt keine Antibiotika!

Antibiotikaresistenzen, die im Bereich Lebensmittel liefernder Tieren auftreten, sind für Sie als Verbraucher von Bedeutung, weil die Möglichkeit einer Übertragung auf den Menschen besteht. Geschehen kann dies durch den direkten Kontakt zu den Tieren, den vorwiegend bestimmte Berufsgruppen wie Landwirte oder Tierärzte haben. Aber auch entlang der Lebensmittelkette ist eine Übertragung möglich, vom Tier hin zum Verbraucher der gewonnenen Produkte.

Der Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung

Das Bild zeigt Ferkel Source: Kalinovsky, Dmitry

In der Vergangenheit wurden Antibiotika bei Lebensmittel liefernden Tieren in sehr großen Mengen eingesetzt. Insbesondere bei Rind, Schwein, Huhn und Pute wurde nicht nur zu Antibiotika gegriffen, um erkrankte Tiere zu behandeln. Antibiotika wurden standardmäßig verabreicht, um in der Mast eine schnellere Gewichtszunahme zu erzielen. Diese Art des Antibiotikaeinsatzes ist gemeint, wenn von einer Leistungs- oder Wachstumsförderung gesprochen wird. Dazu werden niedrigere Dosierungen verwendet, als zur Behandlung von Erkrankungen notwendig wären, diese werden aber über längere Zeiträume gegeben. Da festgestellt wurde, dass der Einsatz von Wachstumsförderern entscheidend zur Resistenzentwicklung beiträgt, wurde innerhalb der EU reagiert. Der Einsatz von Antibiotika zur Wachstumsförderung ist bereits seit dem 01.01.2006 in allen EU-Mitgliedsstaaten verboten (Artikel 11 der VO (EG) Nr. 1831/2003).

Da prinzipiell jede Anwendung eines Antibiotikums die Entstehung und Ausbreitung von Resistenzen fördert, wurde der hohe Einsatz von Antibiotika zur Behandlung von Erkrankungen bei Lebensmittel liefernden Tieren ebenso kritisch hinterfragt. Die 2011 begonnene Erfassung der Antibiotika-Abgabemengen zeigt, dass im Zeitraum von 2011 bis 2019 die Mengen, die an in Deutschland ansässige Tierärzte abgeben wurden, um 60,7 % reduziert werden konnten. Der Großteil entfällt dabei auf Tierarzneimittel, die auch für Lebensmittel liefernde Tiere zugelassen sind.

Mit der 16. AMG-Novelle im Jahr 2014 wurde die Erfassung der Therapiehäufigkeiten eingeführt. Dabei handelt es sich um ein Antibiotikaminimierungskonzept für Mastbetriebe, welches im Jahr 2019 evaluiert wurde. In Schweinemastbetrieben wurden sowohl die Therapiehäufigkeiten als auch die eingesetzten Antibiotikamengen deutlich reduziert. Bei Masthühnern und Puten wurden die Therapiehäufigkeiten zwar zunächst reduziert, nahmen seit 2015 bzw. 2016 aber wieder zu. Die in den Geflügelmastbetrieben eingesetzte Antibiotikamenge blieb dabei nahezu unverändert. Rindermastbetriebe wiesen generell die niedrigsten Therapiehäufigkeiten auf. Es waren fast ausschließlich Kälber, die einer Behandlung mit Antibiotika bedurften. Auch in den Rindermastbetrieben blieben die eingesetzten Antibiotikamengen nahezu konstant. Um den Antibiotikaeinsatz in den Betrieben weiter reduzieren zu können, ist vor allem eines wichtig: Prävention, also das Verhindern des Auftretens von Erkrankungen im Vorfeld. Ein gesundes Tier benötigt keine Antibiotika! Durch verschiedene Maßnahmen wie eine gute Hygiene, Impfungen, die Optimierung von Haltungsbedingungen und den Einsatz robusterer Rassen kann die Erkrankungshäufigkeit der Tiere in einem Betrieb deutlich verringert werden.

Aufgrund der Resistenzproblematik werden von verschiedenen Seiten immer wieder Forderungen nach Verboten des Antibiotikaeinsatzes bei Lebensmittel liefernden Tieren laut. Mit der neuen Europäischen Verordnung über Tierarzneimittel (VO (EU) 2019/6), die ab dem 28.01.2022 Anwendung finden wird, wurde die rechtliche Grundlage geschaffen, bestimmte Wirkstoffe in Zukunft der Humanmedizin vorzubehalten. Welche Wirkstoffe dies sein werden, ist noch festzulegen. Ein totales Verbot des Antibiotikaeinsatzes bei Lebensmittel liefernden Tieren wäre hingegen nicht zielführend. Es wird sich auch trotz einer guten Prävention nie ganz verhindern lassen, dass Tiere mal erkranken. Aus Gründen des Tierschutzes ist es erforderlich, sie dann auch entsprechend zu behandeln. Dies gilt ebenso unter dem Aspekt der Lebensmittelsicherheit, da manche Krankheiten vom Tier auf den Menschen übertragen werden können (so genannte Zoonosen). Gesunde Tiere sind die Grundlage für die Produktion sicherer Lebensmittel!

Sie als Verbraucher haben die Wahl

Durch Transporte, das Zusammenstellen von Tiergruppen aus unterschiedlichen Herkünften und hohe Besatzdichten erleiden Tiere Stress und sind anfälliger für Krankheiten. Innerhalb großer Tiergruppen ist es oftmals nicht möglich, Einzeltiere zu behandeln – sowohl aus Gründen der Praktikabilität, als auch, um die bisher nicht erkrankten Tiere der Gruppe vor einer Krankheitsübertragung zu schützen. Es konnte nachgewiesen werden, dass große Betrieben mit hohen Tierzahlen vergleichsweise mehr Antibiotika einsetzen.

Trotz der bestehenden Resistenzproblematik werden in manchen Ländern Antibiotika weiterhin zur Wachstumsförderung in den Tierhaltungen eingesetzt. Obwohl diese Länder weit entfernt sind, betrifft dies auch uns. Lebensmittel werden heute global gehandelt, und mit den importierten Produkten können auch antibiotikaresistente Bakterien aus den entsprechenden Ländern zu uns gelangen. Der Anteil der Importe tierischer Lebensmittel aus Nicht-EU-Ländern ist in Deutschland generell als niedrig anzusehen.

Sie als Verbraucher entscheiden selbst, welche tierischen Produkte sie kaufen und konsumieren. Ist Ihnen die Herkunft Ihrer Produkte wichtig, können Sie sich anhand der vorgeschriebenen Kennzeichnungen darüber informieren. Bei Eiern ist zudem die Haltungsform in Form des aufgedruckten Codes angegeben. Für Geflügelfleisch sind Vermarktungsnormen festgelegt, so dass die Kennzeichnung zusätzliche Angaben zur Haltungsform enthalten kann. Für die Produkte von Schweinen, Mastrindern und Milchkühen gibt es derzeit keine einheitliche Regelung, es werden aber durch verschiedene Initiativen zusätzliche Informationen bereitgestellt.

Mit Anwendung der neuen EU-Verordnung über Tierarzneimittel ab dem 28.01.2022 wird der Import von Tieren und tierischen Produkten aus Drittländern nur noch dann zulässig sein, wenn die Erzeugerbetriebe keine Antibiotika zur Wachstumsförderung einsetzen. Selbiges wird für die Anwendung von Antibiotika gelten, die künftig als der Humanmedizin vorbehalten gelistet sind.