Vereinfachtes Genehmigungsverfahren

Die Richtlinie 2001/18/EG erlaubt es, unter bestimmten Voraussetzungen für die Genehmigungsverfahren zu Freisetzungen ein vereinfachtes Verfahren durchzuführen. Gemäß Art. 6 (5) der Richtlinie sind hierfür folgende Voraussetzungen erforderlich:

  • die zuständige Behörde eines EU-Mitgliedslandes ist der Auffassung, dass mit der Freisetzung bestimmter GVO genügend Erfahrungen gesammelt worden sind,
  • die zuständige Behörde stellt einen Antrag zur Anwendung vereinfachter Verfahren für die Freisetzung dieser GVO,
  • die EU-Kommission legt gemäß dem Verfahren des Artikels 21 geeignete Kriterien, auf der Grundlage der Sicherheit für Mensch und Umwelt fest,
  • die EU-Kommission entscheidet gemäß dem Verfahren des Artikels 21 die Festlegung von vereinfachten Verfahren.


Zwei Anträgen des Vereinigten Königreiches und Frankreichs folgend hat die EU-Kommission die notwendigen Entscheidungen für ein vereinfachtes Verfahren getroffen:

  • Entscheidung der Kommission zur Festlegung der Kriterien für vereinfachte Verfahren für die absichtliche Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen gemäß Art. 6 (5) Richtlinie 90/220/EWG des Rates (93/584/EWG),
  • Entscheidung der Kommission zur Festlegung von vereinfachten Verfahren für die absichtliche Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen nach Art. 6 (5) der Richtlinie 90/220/EWG des Rates (94/730/EG).


Die Entscheidung 94/730/EG ist nur an die Mitgliedsländer gerichtet, die den Anträgen auf vereinfachte Verfahren beigetreten sind. Deutschland ist den Anträgen beigetreten, so dass die Kommissionsentscheidung 94/730/EG auch für Deutschland gilt. Die Entscheidung gilt direkt und muss nicht in nationales Recht umgesetzt werden.

Voraussetzungen für vereinfachte Verfahren

Die Durchführung von vereinfachten Verfahren für Freisetzungen ist an die folgenden Voraussetzungen geknüpft:

  • Die Empfängerpflanzen sind gut bekannt,
  • Wechselwirkungen mit dem Ökosystem sind bekannt,
  • Daten zur Empfängerpflanze hinsichtlich möglicher Risiken für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt liegen vor,
  • das Insert und die Expressionsprodukte sind sicher,
  • die übertragenen Sequenzen sind gut charakterisiert,
  • das Insert liegt integriert im Chromosom vor,
  • das Forschungsprogramm wurde vorab festgelegt,
  • der Freisetzungszeitraum wurde vorab festgelegt.

Insbesondere die beiden letzten Spiegelstriche der vorstehenden Aufzählung sind erläuterungsbedürftig. Sie lassen sich veranschaulichen mittels der auf Antrag des Vereinigten Königreiches bzw. Frankreichs beschlossenen vereinfachten Verfahren. Weitere vereinfachte Verfahren sind nicht beschlossen worden und sind auch nicht zu erwarten.

Ziel und Zweck des bestehenden vereinfachten Verfahren

Die mit den Anträgen für das bestehende vereinfachte Verfahren verfolgte Ziele waren:

  • innerhalb eines Genehmigungsverfahren über die Freisetzung verschiedener GVO zu entscheiden,
  • innerhalb eines Genehmigungsverfahren über mehrere Standorte zur Freisetzung zu entscheiden,
  • innerhalb eines Genehmigungsverfahren über Freisetzungen in Verbindung mit einem längerfristigen Forschungs- oder Entwicklungsprogramm zu entscheiden, z.B. zur Entwicklung einer neuen Pflanzensorte mit einer gentechnisch eingeführten neuen oder veränderten Eigenschaft.

Die im vorangegangenen Abschnitt zu den Voraussetzungen für vereinfachte Verfahren genannten, letzten zwei Spiegelstriche nehmen Bezug auf das Ziel innerhalb eines Genehmigungsverfahrens über die Freisetzungen eines Forschungs- oder Entwicklungsprogramms zu entscheiden. Das Forschungsprogramm muss bei der Antragstellung zur Genehmigung einer Freisetzung festgelegt und hinreichend bestimmt sein. Ebenso kann der Zeitraum für die Freisetzung innerhalb eines festgelegten Forschungs- oder Entwicklungsprogramms nicht offen bleiben, sondern muss ebenfalls festgelegt werden. Hingegen wäre es gemäß der Kommissionsentscheidung möglich, dass noch nicht alle Transformationen zur Herstellung der freizusetzenden GVO erfolgt sind. Es wäre jedoch erforderlich, hinreichend festzulegen, welche genau bestimmten Komponenten wie für die Herstellung der GVO eingesetzt werden. Ebenso ist es nicht erforderlich, dass bereits alle Freisetzungsstandorte bei der Antragstelle bereits bestimmt sind.

Die praktische Bedeutung der vereinfachten Verfahren in Deutschland liegt insbesondere darin, dass im Zuge eines Genehmigungsverfahrens, das ein oder mehrere GVO zum Gegenstand haben kann und bei dem ein oder mehrere Freisetzungsstandorte bereits bestimmt sind, vorgesehen werden kann, dass weitere Freisetzungsstandorte später nachgemeldet werden können. Hierzu ist es erforderlich, dass in dem Antrag auf Genehmigung einer Freisetzung von GVO mindestens ein Standort bestimmt ist und dass die Nachmeldung weiterer Standorte beabsichtigt ist. Die Freisetzung an den weiteren Standorten muss in einem programmatischen Zusammenhang mit den Freisetzungen an dem zunächst bestimmten Standort stehen und es muss der Zeitraum bestimmt sein, über den sich die programmatisch verbundenen Freisetzungen an den verschiedenen Standorten erstrecken sollen.

Vereinfachter Verfahrensablauf

Das Genehmigungsverfahren zu Freisetzungen nach dem vereinfachten Verfahren läuft zunächst nach dem beschriebenen Verfahrensablauf für Freisetzungen ab. Bei den später nachgemeldeten Standorten wirkt dann die Verfahrensvereinfachung. Es wird kein neues Genehmigungsverfahren durchlaufen. Dem BVL sind die weiteren Standorte anzuzeigen. Innerhalb einer Frist von 14 Tagen prüft das BVL, ob die bei der ursprünglichen Genehmigung der Freisetzung durchgeführte Sicherheitsbewertung weiterhin zutreffend ist und auch für die nachgemeldeten Standorte übernommen werden kann; hierbei werden die Benehmensbehörden, die BBA und das betroffene Bundesland beteiligt. Wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, kann die Freisetzung an dem nachgemeldeten Standorten erfolgen, die Bedingungen der zu Grunde liegenden Genehmigung gelten dabei auch an den nachgemeldeten Standorten. Wenn die Voraussetzung nicht erfüllt ist, wird der Freisetzung an den entsprechenden Standorten durch das BVL widersprochen. Da kein eigenständiges Genehmigungsverfahren durchlaufen wird, erfolgt bei Nachmeldungen von Standorten für Freisetzungen in vereinfachten Verfahren keine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung.