Freisetzungen - Ablauf des Genehmigungsverfahrens
Freisetzungen von GVO dürfen nur durchgeführt werden, wenn hierzu eine Genehmigung vorliegt (§ 14 Abs. 1 GenTG). Die Genehmigungsentscheidungen sind Einzelfallentscheidungen und beziehen sich jeweils auf konkrete, beschriebene GVO. Die Genehmigung für eine Freisetzung ist gebunden an die folgenden Voraussetzungen (§ 16 Abs. 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2); sie ist zu erteilen, wenn
- gewährleistet ist, dass alle nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden und nach dem Stand der Wissenschaft im Verhältnis zum Zweck der Freisetzung unvertretbare schädliche Einwirkungen auf die in § 1 Nr. 1 bezeichneten Rechtsgüter nicht zu erwarten sind,
- keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Betreibers und der für die Leitung und die Beaufsichtigung verantwortlichen Personen ergeben,
- gewährleistet ist, dass der Projektleiter sowie der oder die Beauftragten für die biologische Sicherheit die für ihre Aufgaben erforderliche Sachkunde besitzen und die ihnen obliegenden Verpflichtungen ständig erfüllen können.
Das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen ist im Zuge des Genehmigungsverfahrens zu prüfen. Hierzu hat der Antragsteller Unterlagen vorzulegen. Wenn der Betreiber eine juristische Person ist, z.B. eine Firma oder eine Hochschule, wird der Betreiber durch eine ihn in Außenverhältnissen rechtskräftig vertretende Person vertreten. Bei dem Beispiel der Universität wird in der Regel der Kanzler als Vertreter des Betreibers den Antrag auf Genehmigung einer Freisetzung unterschreiben. Ein Antrag auf Genehmigung eines Freisetzungsvorhabens ist schriftlich mit den erforderlichen Unterlagen an das BVL zu richten. Das BVL überprüft zunächst den Antrag auf Vollständigkeit und beteiligt im weiteren Verfahren
- die Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit, die beim BVL auf der gesetzlichen Grundlage des GenTG eingerichtet wurde;
- als Benehmensbehörden das Robert Koch-Institut (RKI), das Bundesamt für Naturschutz (BfN) und das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)
- das Julius Kühn-Institut (JKI) im Rahmen einer Stellungnahme, und, soweit gentechnisch veränderte Wirbeltiere oder gentechnisch veränderte Mikroorganismen, die an Wirbeltieren angewendet werden, betroffen sind, auch das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI)
- das Bundesland, in dem gemäß Antrag die Freisetzung durchgeführt werden soll, sowie
- über die EU-Kommission die anderen EU-Mitgliedstaaten.
Die beteiligten Behörden und Einrichtungen erhalten die vollständigen Unterlagen und die anderen EU-Mitgliedstaaten werden mit einer Zusammenfassung informiert, dem sog. SNIF (Summary Notification Information Format). Das BVL prüft anhand der Antragsunterlagen, ob die Voraussetzungen für eine Genehmigung gegeben sind. Als Teil der Antragsunterlagen hat der Betreiber der Freisetzung eine Risikobewertung zu dem Vorhaben einzureichen und anzugeben, welche Sicherheitsmaßnahmen vorgesehen sind. In einer inhaltlichen Prüfung zur Sicherheitsbewertung des Vorhabens überprüft das BVL die Bewertung des Betreibers unter Berücksichtigung der vorgesehenen Sicherheitsmaßnahmen. Parallel wird durch ein schriftliches Anhörungsverfahren der Öffentlichkeit die Möglichkeit zur Beteiligung gegeben.
Das BVL hat innerhalb von 3 Monaten über den Antrag zu entscheiden. Bei der Berechnung der Frist bleiben die Zeitspannen unberücksichtigt, in denen das BVL
- vom Betreiber gegebenenfalls angeforderte weitere Unterlagen erwartet und
- die Öffentlichkeitsbeteiligung durchführt.
Bei der Entscheidung über den Antrag berücksichtigt das BVL neben der eigenen Bewertung auch
- die wissenschaftliche Stellungnahme des zuständigen ZKBS-Ausschusses,
- die Stellungnahmen der Benehmensbehörden und des JKI sowie ggf. des FLI
- die Stellungnahme der zuständigen Behörde des Bundeslandes,
- Anmerkungen und Anregungen aus anderen EU-Mitgliedsländern.
Die Stellungnahmen der ZKBS zu Freisetzungen von GVO werden in der Regel von einer Arbeitsgruppe der ZKBS vorbereitet und im Plenum der ZKBS abschließend beraten. Die Referatsgruppe Gentechnik des BVL fungiert auch als Geschäftsstelle der ZKBS. Die Stellungnahme der ZKBS ist für das BVL nicht bindend, sondern stellt eine Empfehlung dar. Die wissenschaftlichen Stellungnahmen der ZKBS zu Freisetzungsvorhaben haben jedoch die Entscheidungspraxis des RKI und des BVL weitgehend geprägt. Die Stellungnahmen der Benehmensbehörden beziehen sich schwerpunktmäßig auf die bei der Freisetzung einzuhaltenden Sicherheitsbedingungen, wie sie als Nebenbestimmungen in den Genehmigungsbescheiden aufgeführt werden. Zu der vorgesehenen Entscheidung über den Antrag und den Nebenbestimmungen muss kein Einvernehmen zwischen der Genehmigungsbehörde (BVL) und den Benehmensbehörden (RKI, BfN, BfR) hergestellt werden. Die Stellungnahme des betroffenen Bundeslandes wird bei der Entscheidungsfindung durch das BVL berücksichtigt. Eingehende Anmerkungen aus anderen EU-Mitgliedsländern werden geprüft und ggf. berücksichtigt.
Wenn die Genehmigungsvoraussetzung erfüllt sind, wird durch das BVL in einem schriftlichen Bescheid die Genehmigung erteilt, der dem Antragsteller zugestellt und der zuständigen Landesbehörde mitgeteilt wird, damit diese die ihr obliegenden Überwachungsaufgaben wahrnehmen kann. Sollten im Zuge der Durchführung des Freisetzungsvorhabens neue Erkenntnisse zur Sicherheitsbewertung oder den sonstigen Genehmigungsvoraussetzungen bekannt werden, kann das BVL zusätzliche Auflagen für die Weiterführung der Freisetzung festlegen oder die Genehmigung widerrufen.
Eine grafische Darstellung des Verfahrensablaufs finden Sie hier.