Anforderungen an Versuchsberichtsmethoden für den Prüfbereich Rückstandsverhalten

Für die Erarbeitung zulassungsrelevanter Studien nach Anhang II und III der Richtlinie 91/414/EWG ist eine adäquate Validierung der verwendeten Analysenmethoden notwendig. Für alle Prüfbereiche, bei denen Rückstandsanalysenmethoden zur Bestimmung von nicht radioaktiv markierten Wirkstoffen, Metaboliten, Abbauprodukten etc. benötigt werden, ist der erforderliche Validierungsumfang in der Leitlinie SANCO/3029/99 (Residues: Guidance for generating and reporting methods of analysis in support of pre-registration data requirements for Annex II (part A, Section 4) and Annex III (part A, Section 5) of Directive 91/414, rev. 4 vom 11.7.2000) erstmals auf europäischer Ebene festgelegt worden.

Im Folgenden wird ein Überblick über wesentliche Kriterien und Anhaltspunkte für die Methodenvalidierung sowie über die zu erarbeitenden Validierungsdaten im Prüfbereich Rückstandsverhalten gegeben. Dabei wird versucht, die in der o. g. Leitlinie noch offen gelassenen Fragen weitestgehend zu klären und die Anforderungen insbesondere für pflanzliche Matrices zu präzisieren. Die Ausführungen beziehen sich auf alle Analysenmethoden, die im Rahmen von

  • Lagerstabilitätsstudien,
  • Rückstandsuntersuchungen an Pflanzen,
  • Fütterungsstudien,
  • Verarbeitungsstudien und
  • Nachbauuntersuchungen

eingesetzt werden sollen. Dabei wird zwischen zwei Typen von Validierungsdaten unterschieden: einem Grunddatensatz zur Validierung einer Methode in einer neuen Matrixgruppe ("Methodenvalidierung") und einem Datensatz zur Methodenüberprüfung im Rahmen der Qualitätssicherung, die begleitend zu den Analysenserien durchgeführt wird ("Reduzierter Validierungsumfang").

Methodenvalidierung

Grundsätzlich müssen Methoden zur Bestimmung von Rückständen in pflanzlichen Erzeugnissen für alle Matrices, in denen die Methode angewendet werden soll, validiert werden. Der im konkreten Fall erforderliche Validierungsumfang hängt jedoch von bereits vorliegenden Informationen ab. Die in der Leitlinie dargestellten umfangreichen Validierungsanforderungen dienen lediglich der Erarbeitung eines Grunddatensatzes für jede Methode. Das bedeutet, dass es ist nicht notwendig ist, den gesamten Datensatz jedes Mal, wenn eine Methode angewendet wird, neu zu erstellen, es sei denn, die Methode wird signifikant geändert.

Spezifität
Die für Rückstandsuntersuchungen verwendeten Analysenmethoden sollten spezifisch für die zu bestimmenden Substanzen sein. Dabei können sowohl Einzel- als auch Multimethoden (z. B. DFG S19) eingesetzt werden. Unspezifische Methoden ("common moiety") sollten nur in begründeten Ausnahmefällen verwendet werden, da

  • Interferenzen durch Wirkstoffe mit ähnlicher Struktur und ähnlichen Abbauprodukten auftreten können,
  • es mitunter unmöglich ist, Abbauprodukte vom Wirkstoff zu unterscheiden,
  • für zwei oder mehr Substanzen mit unterschiedlicher toxikologischer Relevanz keine Risikoabschätzung für die einzelnen Verbindungen durchgeführt werden kann, wenn sie als Summe erfasst werden. Dies gilt insbesondere bei neuen Wirkstoffen, bei denen zum Zeitpunkt der Versuchsdurchführung noch nicht bekannt ist, welche Verbindungen in die Rückstandsdefinition eingehen werden.

Bei der Wahl der Analysenmethode ist auch zu beachten, dass unter Umständen unterschiedliche Rückstandsdefinitionen für die Risikoabschätzung und zur Festsetzung von Höchstmengen für Überwachungszwecke festzulegen sind. Sofern es für eine Risikoabschätzung erforderlich ist, muss die verwendete Analysenmethode auch eine Trennung einzelner Isomere ermöglichen. Der Nachweis der Spezifität einer Methode, d. h. die Eignung zur getrennten Bestimmung von Wirkstoff, relevanten Metaboliten und Abbauprodukten in Gegenwart der Probenmatrix, kann z. B. durch Vergleich der Rückstandswerte von behandelter und unbehandelter Probe bzw. durch Gegenüberstellung der Chromatogramme erfolgen.

Kalibrierung
Die Kalibrierung sollte am Anfang jeder Untersuchung durchgeführt und in regelmäßigen Abständen überprüft werden. Sie umfasst den gesamten erforderlichen Messbereich (niedrigste bis höchste zu erwartende Konzentration in der Messlösung) +/- 20 %. Zum Erstellen der Kalibrierkurve können entweder Doppelbestimmungen bei mindestens 3 Messpunkten oder Einfachbestimmungen bei mindestens 5 Messpunkten durchgeführt werden.

Wiederfindungsraten
Mit den Wiederfindungsraten werden Richtigkeit und Wiederholbarkeit der Methode bestimmt. Sie werden für Wirkstoff, relevante Metaboliten und Abbauprodukte einzeln in Gegenwart der Probenmatrix ermittelt. Gefordert werden je 5 Zusätze zur unbehandelten Probe für 2 unterschiedlich hohe Niveaus. Ein Zusatzniveau sollte auf der vorgesehenen Bestimmungsgrenze liegen, das zweite entweder in der Größenordnung der zu erwartenden Rückstände oder auf der 10fachen Bestimmungsgrenze. Die mittlere Wiederfindungsrate für jedes Zusatzniveau sollte mindestens zwischen 70 und 110 % liegen. Wiederfindungsraten außerhalb dieses Bereiches können in begründeten Ausnahmefällen wie z. B. bei schwer zu analysierenden Matrices (Hopfen, Kohl, Zwiebelgemüse, Kräuter, Tee) akzeptiert werden. Die Wiederholbarkeit wird in Form der relativen Standardabweichung aus den 5 Bestimmungen für jeden Zusatzbereich angegeben und sollte bei <= 20 % liegen.

Kriterien zur Festlegung der Bestimmungsgrenze
Bei der Festlegung der Bestimmungsgrenze für Analysenmethoden zur Bestimmung von Rückständen ist Folgendes zu beachten:

  • Sind für den Wirkstoff bereits Höchstmengen festgesetzt, so sollte die Bestimmungsgrenze folgende Werte nicht überschreiten:
    - EU-Richtlinien: mit Stern gekennzeichnete Werte
    - Rückstands-Höchstmengenverordnung (RHmV): Werte für "andere pflanzliche Lebensmittel"
  • Als Anhaltspunkt gilt, dass die Bestimmungsgrenze nicht über 0,05 mg/kg liegen sollte, anzustreben ist jedoch 0,01 mg/kg. Eine Bestimmungsgrenze von 0,1 mg/kg ist akzeptabel, wenn es sich um schwer zu analysierende Matrices handelt, sofern dies toxikologisch vertretbar ist.

Bei der Methodenvalidierung auf dem Niveau der vorgesehenen Bestimmungsgrenze ist zu beachten, dass Blindwerte aus unbehandelten Proben 30 % der Bestimmungsgrenze nicht überschreiten sollen. Die Ermittlung einer Nachweisgrenze ist im Rahmen dieser Untersuchungen nicht erforderlich.

Reduzierter Validierungsumfang

Ist die Anwendbarkeit der Methode bereits in einer Pflanzenmatrix durch eine volle Validierung belegt, muss für jede weitere Kultur derselben Matrixgruppe mit einem reduzierten Validierungsumfang demonstriert werden, dass die Methode unter den aktuellen Bedingungen erfolgreich angewendet werden kann. Dazu sind folgende Daten zu erarbeiten:

  • Wiederfindungsraten bei 2 unterschiedlich hohen Zusatzniveaus
  • relative Standardabweichung aus 3 Messungen für jeden Zusatzbereich sowie
  • Prüfung auf Matrixinterferenzen und Nachweis der Spezifität der Methode für die verwendete Matrix (z. B. anhand repräsentativer Chromatogramme)

Dieser reduzierte Datensatz kann im Rahmen laufender Analysenserien erzeugt werden. Die Kalibrierung des Messsystems sollte auch hier vor jeder Untersuchung durchgeführt und in regelmäßigen Abständen überprüft werden. Hierbei muss die Kalibrierfunktion lediglich den zu erwartenden Konzentrationsbereich abdecken. Unbehandelte Kontrollproben sollten in regelmäßigen Abständen mitanalysiert werden, um Kontaminationen oder andere Störungen zu erkennen.

Bezüglich der Einteilung in Matrixgruppen wird auf die Leitlinie für die Überwachungsanalytik – SANCO/825/00 (Guidance document on residue analytical methods, rev. 6 vom 20.06.2000) – verwiesen. Nachfolgend wird eine beispielhafte Übersicht gegeben, welche Matrices unter analytischen Gesichtspunkten als ähnlich eingestuft und somit zu einer Matrixgruppe zusammengefasst werden können.

  • Getreide und andere trockene Erntegüter (z. B. Weizenkorn, Stroh)
  • Produkte mit hohem Wassergehalt (z. B. Salat, grüne Pflanzenteile)
  • Produkte mit hohem Fettgehalt (z. B. Ölsaaten, Nüsse)
  • Früchte mit hohem Säuregehalt (z. B. Trauben, Beerenobst, z. T. Äpfel)

Für schwer zu analysierende Matrices wie Hopfen, Brassica-Arten, Zwiebelgemüse, Kräuter, Tee, teeähnliche Erzeugnisse und Gewürze ist der reduzierte Validierungsdatensatz nicht ausreichend. Hier kann nur in begründeten Ausnahmefällen von dem vollen Validierungsumfang abgewichen werden.

Validierungsbericht

Während die reduzierte Methodenvalidierung zusammen mit Rückstandsuntersuchungen durchgeführt und mit diesen Daten berichtet werden kann, sollte für den vollen Validierungsumfang ein eigenständiger umfassender Validierungsbericht vorgelegt werden. Dieser Bericht muss eine vollständige Beschreibung der Analysenmethode (soweit diese noch nicht vorgelegt wurde), einschließlich der verwendeten Geräte, Materialien und weiterer Analysenbedingungen sowie eine Zusammenfassung enthalten. Dazu gehören im Einzelnen:

  • das Methodenprinzip
  • verwendete Geräte, Reagenzien und Standards (mit Angaben zu Reinheit und Stabilität)
  • Angaben zur Lagerung von Proben (sofern sie vor der Analyse gelagert wurden) mit Lagerbedingungen wie Zeit und Temperatur
  • Beschreibung von Probenaufbereitungstechniken, einschließlich Gewicht und Anzahl der Proben, Extraktionsverfahren und verwendete Geräte
  • genaue Angaben zur Kalibrierung des Analysensystems und zum Linearitätsbereich (ein Regressionsparameter - üblicherweise der Korrelationskoeffizient - muss angegeben werden und der Ausdruck einer typischen Kalibrierkurve muss dem Bericht beigefügt werden)
  • repräsentative Chromatogramme, Spektren o. ä. für unbehandelte Probe, unbehandelte Probe mit niedrigstem Standardzusatz und behandelte Probe
  • durchgeführte Berechnungen
  • Wiederfindungsraten
  • relative Standardabweichung
  • Bestimmungsgrenze
  • Literaturangaben

Die dargestellten Validierungsanforderungen sind bei künftigen Studien zu beachten.