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Delegierte Rechtsakte, Durchführungsrechtsakte und nationale Anpassungen

Die EU-Tierarzneimittel-Verordnung sieht eine Übergangszeit von drei Jahren von ihrem Inkrafttreten bis zu ihrer Gültigkeit (also ihrer Anwendbarkeit) in allen EU-Mitgliedsstaaten vor. Innerhalb dieses Zeitraumes werden verschiedene Delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte verabschiedet, um die Verordnung wirksam umsetzen zu können. Auch eine Anpassung des nationalen Rechts wird erforderlich sein.

Eine Verordnung der Europäischen Union ist ein Rechtsakt mit allgemeiner Gültigkeit und unmittelbarer Wirksamkeit in den Mitgliedstaaten. Eine Umsetzung in nationales Recht ist, anders als bei Richtlinien der EU, nicht erforderlich. Das Datum des Inkrafttretens sowie der Gültigkeit werden in der jeweiligen Verordnung festgesetzt. Es kann erforderlich sein, enthaltene Regelungen weiter zu konkretisieren. Dazu können sogenannte Delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte erlassen werden. Sie unterscheiden sich in ihrem Ablauf zunächst nicht, wohl aber in Bezug auf das Vorgehen bezüglich ihrer Verabschiedung. Außerdem kann es notwendig sein, das nationale Recht der Mitgliedsstaaten an eine Europäische Verordnung anzupassen.

Was sind Delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte?

Um eine Europäische Verordnung weiter auszugestalten und Details für ihre Umsetzung festzulegen, wurden mit dem Vertrag von Lissabon (2009) zwei Möglichkeiten eingeführt, die Delegierten Rechtsakte und die Durchführungsrechtsakte (engl. „delegated and implementing acts“).

Bei einem Delegierten Rechtsakt wird die EU-Kommission (KOM) vom EU-Parlament und vom Ministerrat beauftragt, Ausarbeitungen oder Änderungen zu Abschnitten eines Rechtsakts zu erlassen. EU-Parlament und Ministerrat können Widerspruch gegen den Entwurf der KOM einlegen oder die Beauftragung der KOM vollständig widerrufen.

Ein Durchführungsrechtsakt dient der Umsetzung einer Verordnung durch Festlegung einheitlicher Regelungen. Ein Durchführungsrechtsakt wird ebenfalls von der KOM erlassen, allerdings muss dazu ein Ausschuss konsultiert werden, der sich aus Vertretern der einzelnen Mitgliedsstaaten zusammensetzt. Im Gegensatz zum Delegierten Rechtsakt kann das EU-Parlament gegen einen Durchführungsrechtsakt zwar Einspruch erheben, diesen aber nicht widerrufen. 

Die Erteilung von Mandaten an die EMA 

Die delegierten Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte, die für die Umsetzung der EU-Tierarzneimittel-Verordnung erforderlich sind, werden von der KOM erlassen. Für die Erstellung erteilt die KOM Mandate an die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA), die daraufhin Expertengruppen einrichtet. Die jeweilige Expertengruppe entwirft eine wissenschaftliche Empfehlung, die anschließend dem Ausschuss für Tierarzneimittel (CVMP) zur Überprüfung vorgelegt wird. Erst wenn der Entwurf dort angenommen wurde, wird er bei der KOM eingereicht. Der Ablauf ist im Folgenden nochmals schematisch dargestellt.

Das Bild zeigt ein Ablaufdiagramm über die Erteilung von Mandaten an die EMA Ablaufdiagramm über die Erteilung von Mandaten an die EMA Ablauf der Ausarbeitung der wissenschaftlichen Empfehlungen der EMA zu Delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten zur EU-Tierarzneimittel-Verordnung. KOM: Europäische Kommission, EMA: Europäische Arzneimittel-Agentur (European Medicines Agency), CVMP: Ausschuss für Tierarzneimittel (Committee for Medicinal Products for Veterinary Use) Quelle: Wiese / BVL

Auf der Webseite der KOM und der Webseite der EMA werden Informationen zu den verschiedenen Delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten zur EU-Tierarzneimittel-Verordnung zur Verfügung gestellt.

Delegierte Rechtsakte der EU-Tierarzneimittel-Verordnung

Die folgenden Delegierten Rechtsakte zur EU-Tierarzneimittel-Verordnung werden von der KOM erlassen:

Durchführungsrechtsakte der
EU-Tierarzneimittel-Verordnung

Die folgenden Durchführungsrechtsakte zur EU-Tierarzneimittel-Verordnung werden von der KOM erlassen:

  • Festlegung der Datenformate für die Abgabe- und Verbrauchsmengenerfassung von antimikrobiellen Arzneimitteln bei Tieren
  • Listung antimikrobieller Wirkstoffe oder Wirkstoffklassen, die der Behandlung bestimmter Infektionskrankheiten des Menschen vorbehalten sind
  • Festlegung von Maßnahmen zur „Guten Vertriebspraxis“ (Good Distribution Practice, GDP) von Wirkstoffen
  • Festlegung von Maßnahmen zur „Guten Vertriebspraxis“ (Good Distribution Practice, GDP) von Tierarzneimitteln
  • Festlegung erforderlicher Maßnahmen und zweckmäßiger Regelungen für die europäische Datenbank zu Tierarzneimitteln
  • Erstellung einer Liste von Änderungen zu Tierarzneimitteln, die keiner erneuten Bewertung bedürfen
  • Festlegung von Maßnahmen zur „Guten Pharmakovigilanzpraxis“ (GVP)
  • Festlegung von Format und Inhalt der Pharmakovigilanz-Stammdokumentation und seiner Zusammenfassung
  • Einheitliche Regelung des Identifikationscodes auf der Verpackung von Tierarzneimitteln
  • Listung der in der EU gängigen Abkürzungen und Piktogramme, die auf der Verpackung von Tierarzneimitteln genutzt werden
  • Regelung der Größe kleiner Primärverpackungen
  • Ablauf bei Vorgängen zur Arbeitsteilung bei Änderungsanzeigen
  • „Gute Herstellungspraxis“ (GMP) bei Tierarzneimitteln und Wirkstoffen
  • Design eines einheitlichen Logos für Webseiten, die einen Fernabsatz von Tierarzneimitteln anbieten
  • Listung von Substanzen, die notwendig sind für die Behandlung von Equiden und die unter Einhaltung einer Wartezeit von 6 Monaten angewendet werden dürfen
  • Erstellung eines Musterformats für tiermedizinische Verschreibungen
  • Erstellung eines Musterformats zur Eingabe der Information, die für einen Equidenpass benötigt wird
  • Listung von Substanzen, die in innerhalb der EU zugelassenen Tierarzneimitteln für Lebensmittel liefernde Landtiere oder in Humanarzneimitteln enthalten sind, und die zur Behandlung von Lebensmittel liefernden Wassertieren eingesetzt werden dürfen