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Antibiotikaresistenzen bei Klein- und Hobbytieren

Nur auf Basis einer tierärztlichen Diagnose ist es möglich, ein Tierarzneimittel auszuwählen, für das auch eine Wirksamkeit anzunehmen ist. Das Ergebnis eines Antibiogramms ist nur dann verlässlich, wenn Durchführung und Bewertung gemäß abgesicherter Standards erfolgen.

Klein- und Hobbytiere stehen in engen Kontakt zum Menschen, weshalb resistente Bakterien leicht wechselseitig übertragen werden können. Das tatsächliche Stattfinden einer Übertragung wurde in verschiedenen Studien für MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus), ESBL-E (Extended Spectrum Beta-Laktamase produzierende Enterobacteriaceae) und für Carbapenem-resistente Bakterien nachgewiesen. Da die Herkunft eines Bakterienstammes aber bei vielen Bakterienspezies nicht genau zu bestimmen ist, kann das Risiko für den Menschen, durch direkten Kontakt zum Tier mit resistenten Bakterien kolonisiert oder infiziert zu werden, nicht quantifiziert werden. Weil aber jeder Einsatz von Antibiotika die Entstehung und Verbreitung von Resistenzen fördert und diese damit ein potenzielles Risiko für Mensch und Tier darstellen, dürfen Antibiotika nur dann angewendet werden, wenn dies medizinisch zwingend indiziert ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn eine bakterielle Infektion oder eine Infektion mit bestimmten Protozoen als Krankheitsursache diagnostiziert wurde. Ein prophylaktischer Einsatz eines Antibiotikums bei Klein- und Hobbytieren ist einzig in besonders begründeten Einzelfällen vertretbar, wie z.B. bei schwerwiegenden chirurgischen Eingriffen. Wird unter guten hygienischen Bedingungen gearbeitet, ist auch dies oftmals nicht erforderlich.

Bei jeder Therapieentscheidung ist der aktuelle Stand der Wissenschaft zu berücksichtigen. Für bestimmte Indikationen beim Klein- und Hobbytier, die in der Vergangenheit überwiegend mit Antibiotika behandelt wurden, konnte nachgewiesen werden, dass ein erfolgreicher Therapieverlauf oftmals auch ohne den Einsatz von Antibiotika zu erzielen ist. Dies ist zum Beispiel bei Abszessen oder oberflächlichen Pyodermien der Fall. Entsprechend ist allein durch die Diagnose einer bakteriellen Infektion nicht zwingend die Anwendung eines Antibiotikums indiziert. Wird allerdings eine Infektionserkrankung, die eine Therapie mit Antibiotika erfordert, nicht behandelt, so stellt auch dies ein Risiko dar - für das Tier, und im Falle einer Zoonose auch für den Menschen.

Nur auf Basis einer tierärztlichen Diagnose ist es möglich, ein antibakteriell wirksames Tierarzneimittel auszuwählen, dessen Wirksamkeit auch anzunehmen ist. Wichtige Faktoren sind die Kenntnis über die Bakterienspezies, die die Krankheit hervorruft, sowie die ihrer spezifischen Resistenzsituation. Um sicherzustellen, dass mit dem ausgewählten Tierarzneimittel eine ausreichend hohe Wirkstoffkonzentration über einen ausreichend langen Zeitraum im Zielgewebe erreicht werden kann, ist zudem die Pharmakodynamik und Pharmakokinetik des Tierarzneimittels grundlegend zu berücksichtigen. Daten dazu müssen vom Antragsteller im Rahmen von Zulassungsverfahren für die vorgesehenen Indikationen und Zieltierarten vorgelegt werden. Die Pharmakokinetik kann zwischen verschiedenen Applikationsformen, Wirkorten und Tierarten beträchtliche Unterschiede aufweisen.

Die Neuerungen zur Begrenzung von Antibiotikaresistenzen durch die TÄHAV

Abstrichtupfer mit beiliegender Röhre und Nährböden für die bakteriologische Untersuchung Quelle: Gerhard Seybert

Ziel der gesetzlichen Neuerungen in Bezug auf die Anwendung von Antibiotika, die durch die „Zweite Verordnung zur Änderung der Verordnung über tierärztliche Hausapotheken (TÄHAV)“ am 01.03.2018 in Kraft getreten sind, ist die Eindämmung der Entstehung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen. Dies erfordert die Minimierung der Anzahl antibiotischer Behandlungen auf das therapeutisch notwendige Maß sowie den gezielten und effektiven Einsatz von Antibiotika im Falle einer Therapie. Dabei ist die Auswahl des geeigneten Wirkstoffs ein entscheidender Faktor. Entsprechend wurde die Pflicht zur Erstellung eines Antibiogramms als wichtiges Element der Therapieentscheidung für bestimmte Fälle festgelegt. Das Ergebnis des Antibiogramms für den bakteriellen Erreger dient als Basis für die Optimierung der Therapieentscheidung. Die allgemeinen Grundsätze für die Methoden werden dabei vorgeschrieben. Die Umwidmungskaskade darf für Cephalosporine der 3. und 4. Generation sowie für Fluorchinolone nicht mehr uneingeschränkt angewendet werden.

Um Ihnen den Umgang mit den Änderungen der TÄHAV zu erleichtern, wurden von der Bundestierärztekammer (BTK) die „Anmerkungen zur neuen TÄHAV“ veröffentlicht, die der besseren Nachvollziehbarkeit und Verständlichkeit der TÄHAV dienen. Gemäß § 12c TÄHAV besteht eine Antibiogrammpflicht für Pferd, Hund und Katze (ausgenommen herrenlose Katzen), wenn ein Antibiotikum angewendet wird, welches für die jeweilige Tierart nicht zugelassen ist, oder wenn es als Wirkstoff ein Cephalosporin der 3. oder 4. Generation oder ein Fluorchinolon enthält. Abweichend von dieser Regelung sind nach § 12c Absatz 2  TÄHAV Antibiogramme nicht zu erstellen, wenn die Probenahme mit der Gefahr einer weiteren Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes des Tieres verbunden wäre, der Erreger nicht mittels zellfreier künstlicher Medien zu kultivieren ist oder für die Bestimmung der Empfindlichkeit des Erregers keine geeignete Methode verfügbar ist. Nach § 12d TÄHAV hat die Bestimmung der Empfindlichkeit nach national oder international anerkannten Verfahren zu erfolgen, soweit diese verfügbar sind. An dieser Stelle sind in erster Linie das Clinical and Laboratory Standards Institute (CLSI) und das European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing (EUCAST) zu nennen, deren Unterausschüsse CLSI’s Subcommittee on Veterinary Antimicrobial Susceptibility Testing (VAST) bzw. EUCAST Veterinary Subcommittee on Antimicrobial Susceptibility Testing (VetCAST) tiermedizinische klinische Grenzwerte (‚breakpoints‘) und Standards für die Durchführung von Empfindlichkeitsprüfungen erarbeiten. Nur wenn die Durchführung entsprechend des jeweiligen Standards erfolgt, ist eine zuverlässige Interpretation der Ergebnisse und die resultierende Einstufung des Erregers als „resistent“ oder „sensibel“ möglich.

Wir haben Tabellen erstellt, die tierartspezifisch klinische Grenzwerte zu antibakteriell wirksamen Substanzen listen, die als Tierarzneimittel in Deutschland zugelassen sind oder als Stellvertretersubstanzen getestet werden. Diese Tabellen werden jährlich von uns aktualisiert und stellen Ihnen Informationen zusammen, für welche Indikationen und Bakterienspezies klinische Grenzwerte vorhanden sind und nach welchem Standard bei der Erstellung des Antibiogrammes verfahren werden muss.

Die Europäische Verordnung über Tierarzneimittel
(VO (EU) 2019/6)

Das Bild zeigt eine Katze beim Tierarzt auf dem Behandlungstisch. Quelle: Squid Media Advertising - stock.adobe.com

Die neue EU-Verordnung über Tierarzneimittel (VO (EU) 2019/6), die ab dem 28.01.2022 gültig sein wird, verfolgt unter anderem das Ziel, die Maßnahmen zur Begrenzung von Antibiotikaresistenzen auf EU-Ebene zu verstärken. Sie enthält Neuerungen, die auch den Bereich der Klein- und Hobbytiere umfassen, wie beispielsweise die Möglichkeit des Vorbehalts bestimmter Wirkstoffe für die Humanmedizin (Artikel 37), die Einführung einer Verbrauchsmengenerfassung (Artikel 57) und die Einführung eines Umwidmungsverbotes für bestimmte Wirkstoffe (Artikel 107). Weitere Informationen erhalten Sie unter dem Punkt „Erwägungsgrund Antibiotikaresistenzen“ unseres Webseitenbereichs zur Europäischen Verordnung über Tierarzneimittel.

Die mangelnde Wirksamkeit von Antibiotika

Es kann passieren, dass ein Antibiotikum, z.B. aufgrund von Resistenzen, nicht entsprechend der zugelassenen Indikation wirkt oder nicht in der Dosierung, die vom Zulassungsinhaber angegeben ist. Dies ist als „mangelnde Wirksamkeit“ definiert, welche zu den „unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW)“ zählt. Im Rahmen eines umsichtigen Einsatzes von Antibiotika sollten Sie das Auftreten einer mangelnden Wirksamkeit immer über das Pharmakovigilanzsystem melden. Eine entsprechende Meldung kann direkt an uns, das BVL, erfolgen. Benutzen Sie hierfür bitte den bereitgestellten Meldebogen.