Webseite des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

Die Anwendung von Arzneimitteln bei Tieren, die zur Gewinnung von Fleisch, Milch, Eiern oder Honig gehalten werden, kann zu Rückständen von pharmakologisch wirksamen Stoffen bzw. ihrer Metaboliten in diesen Lebensmitteln führen. Vom Verzehr von Lebensmitteln, die diese Rückstände enthalten, darf kein Risiko für die Gesundheit von Verbrauchern ausgehen.

Deshalb werden alle pharmakologisch wirksamen Stoffe, die in Tierarzneimitteln für Tiere, die der Lebensmittelgewinnung dienen eingesetzt werden sollen, vor dem Zulassungsverfahren einer gesundheitlichen Risikobewertung hinsichtlich möglicher Rückstände in tierischen Lebensmitteln unterzogen. Rechtliche Grundlage für die Festlegung von Höchstmengen für Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe in Lebensmitteln tierischen Ursprungs ist die Verordnung (EG) Nr. 470/2009. Im Rahmen dieses Verfahrens wird das von den Rückständen ausgehende Risiko für den Verbraucher ermittelt und Rückstandshöchstmengen (MRL) für tierische Lebensmitteln festgelegt. Diese Werte gelten in allen Mitgliedstaaten der EU sowie für Importe und dürfen nicht überschritten werden.

Die Risikobewertungen zur Festlegung von Rückstandshöchstmengen werden vom Ausschuss für Tierarzneimittel (CVMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) auf Antrag durchgeführt. Hierzu werden von Antragstellern Dossiers mit wissenschaftlichen Daten zu einem pharmakologisch wirksamen Stoff gemäß den Vorgaben der Verordnung (EU) 2018/782 eingereicht. Anhand von pharmakologischen, toxikologischen und ggf. mikrobiologischen Studien wird eine Dosis ermittelt, die für den empfindlichsten gesundheitlichen Parameter in der empfindlichsten Tierart oder dem Menschen keine gesundheitsschädigende Wirkung gezeigt hat. Diese Dosis wird durch Unsicherheitsfaktoren geteilt, um den Unterschieden zwischen menschlichem und tierischen Organismen (Inter-Spezies-Variabilität) sowie der Variabilität zwischen Menschen (Intra-Spezies-Variabilität) Rechnung zu tragen. Der resultierende Wert wird als vertretbare Tagesdosis (ADI) für die lebenslange tägliche Aufnahme eines Stoffes ohne erkennbares Gesundheitsrisiko festgelegt.

Die Rückstandshöchstmengen in den einzelnen Lebensmitteln wie Fleisch, Milch, Eier oder Honig werden so festgelegt, dass die Summe aller möglichen Rückstände in der täglichen Nahrung mit ausreichender Sicherheit unterhalb des ADI liegt. (Einzelheiten zu dem Verfahren können sie hier nachlesen.)

Als Ergebnis eines Verfahrens zur Festlegung von Rückstandshöchstmengen, können numerische MRL -Werte festgelegt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen, die in der Verordnung (EU) 2017/880 geregelt sind, können im Rahmen dieses Verfahrens Rückstandshöchstmengen auf andere Lebensmittel bzw. andere Tierarten (z. B. Ziege oder Kaninchen, die für die Lebensmittelgewinnung quantitativ eine untergeordnete Rolle spielen) übertragen werden.

Diese MRL -Werte werden in Tabelle 1 des Anhangs zur Verordnung (EU) Nr. 37/2010 gelistet. Auch Stoffe, bei denen die Bewertung ergab, dass die Festlegung von numerischen MRLs nicht notwendig ist, sind dort aufgeführt. Führt das MRL-Verfahren zu dem Ergebnis, dass keine unbedenklichen Rückstandshöchstmengen festgelegt werden können, so werden diese Stoffe in Tabelle 2 des Anhangs der o.g. Verordnung gelistet. Ihre Anwendung bei Tieren, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen ist verboten. Für neue Stoffe wird die Verordnung (EU) Nr. 37/2010 durch einzelne Durchführungsverordnungen geändert. Es empfiehlt sich daher immer die aktuellste konsolidierte Fassung der Verordnung für Recherchen zu nutzen.

Die Grundregeln dieses Konzepts werden in der EU und auch von internationalen Gremien (z.B. EFSA, JECFA oder JMPR) bei der Bewertung von Tierarzneimittelrückständen sowie Rückständen von Pestiziden und anderen chemischen Fremdstoffen in der Nahrung angewendet.

Für Stoffe biologischen Ursprungs, die von der EMA als nicht chemikalienähnlich eingestuft werden, ist ein formelles MRL-Verfahren gewöhnlich nicht notwendig. Sie können, nach Vorlage einer wissenschaftlichen Grundlage für die Anfrage, von der EMA in die separate Liste von biologischen Substanzen, die gemäß Verordnung (EU) Nr. 2018/782 keine MRL-Bewertung benötigen, aufgenommen werden.

Stoffe, die nicht hinsichtlich ihrer Rückstände in tierischen Lebensmitteln bewertet werden müssen, weil sie nicht unter die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 470/2009 fallen, werden von der EMA in einer separaten Liste („Substances considered as not falling within the scope of Regulation (EC) No 470/2009“, sog. „Out-of-Scope“-Liste) geführt, soweit Anträge für die Aufnahme in diese Liste bei der EMA gestellt wurden.