Webseite des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

Die Wartezeit ist definiert als die Zeit, die nach der letzten Verabreichung eines Arzneimittels an ein Tier bis zum Zeitpunkt der Gewinnung von Lebensmitteln, die von diesem Tier stammen, einzuhalten ist. Sie gewährleistet, dass eventuelle Rückstände des pharmakologisch wirksamen Stoffes die festgelegten Rückstandshöchstmengen (MRL) in den essbaren Geweben und Produkten wie Fleisch, Milch, Eier und Honig nicht überschreiten.

Sofern keine numerischen MRL-Werte festgelegt sind, darf der relevante gesundheitliche Referenzwert (z.B. ADI) bei der Betrachtung der gesamten Exposition nicht überschritten werden. Dadurch wird sichergestellt, dass keine für den Verbraucher gesundheitlich bedenklichen Rückstände in Lebensmitteln vorhanden sind, die von behandelten Tieren gewonnen wurden.

Wartezeiten werden im Rahmen von Zulassungsverfahren auf der Grundlage von Studiendaten festgelegt, die vom Antragsteller im Zulassungsdossier zur Verfügung gestellt werden. In Rückstandsstudien wird das Ausscheidungsverhalten der pharmakologisch wirksamen Stoffe die im Tierarzneimittel enthalten sind geprüft, da deren Pharmakokinetik nicht nur vom Wirkstoff selbst, sondern wesentlich auch von den verwendeten Hilfsstoffen, der Darreichungsform und der Art und Dauer der Anwendung abhängt. Die resultierende Wartezeit gilt dann jeweils nur für das Tierarzneimittel, für das die Zulassung beantragt wurde.

In den Studien werden Tiere mit der höchsten vorgesehenen Dosis eines Tierarzneimittels behandelt. In verschiedenen zeitlichen Abständen nach der letzten Behandlung werden Gruppen von Tieren geschlachtet und es werden die Konzentrationen des Markerrückstands in den relevanten Geweben (Muskulatur, Leber, Niere, Fett) bestimmt. Sofern ein Tierarzneimittel für Tiere vorgesehen ist, von denen Milch, Eier oder Honig gewonnen werden, müssen hierfür ebenfalls Rückstandsstudien durchgeführt werden. Da sich die Aufnahme, Verteilung, Metabolisierung und Ausscheidung von pharmakologisch wirksamen Stoffen bei verschiedenen Tierarten unterscheiden, sind in der Regel Rückstandsdaten für jede Tierart vorzulegen, bei der das Tierarzneimittel angewendet werden soll.

Zur Bestimmung der Wartezeiten werden meist statistische Verfahren eingesetzt, die z.B. für essbare Gewebe auf dem Prinzip einer (log-) linearen Regression der Rückstandsdaten beruhen. Die Wartezeit ist hier als derjenige Zeitpunkt definiert, zu dem das statistische 95%-Toleranzlimit der Rückstandskonzentrationen mit 95%iger Wahrscheinlichkeit den MRL unterschreitet. Bei Milch kann aus der Verteilung der Zeitpunkte, zu denen bei den Tieren der MRL unterschritten war, ein analoges Toleranzlimit ermittelt werden.

Sofern aus den vorhandenen Rückstandsdaten mittels statistischer Verfahren keine Wartezeit abgeleitet werden kann, kann die sog. alternative Methode verwendet werden. Hierzu wird der erste Zeitpunkt, an dem die Konzentrationen des Markerrückstands in allen entnommenen Proben unterhalb des jeweiligen MRL liegen, als Ausgangspunkt gewählt. Zu diesem werden in der Regel 10-30% des Zeitraums als Sicherheitsspanne addiert, um die biologische Variabilität sowie andere Unsicherheiten zu berücksichtigen.

Für essbare Gewebe wird pro Tierart nur eine Wartezeit festgelegt. Sie wird in ganzen Tagen und bei Milch in Stunden angegeben.

Wenn ein Tierarzneimittel zur subkutanen und/oder intramuskulären Injektion vorgesehen ist, sind die Rückstandskonzentrationen an den Injektionsstellen für die Festlegung von Wartezeiten gesondert zu berücksichtigen. Der Abbau bzw. die Freisetzung von Arzneistoffen von den Injektionsstellen hängt von verschiedenen Faktoren, wie den physikalisch-chemischen Eigenschaften der Substanzen, ihrer Formulierung (z.B. schnell wirksame versus Depotformulierungen) sowie Art und Ort der Injektion ab. Im Rahmen der Rückstandsstudien werden, zusätzlich zu den Proben aus Muskelgewebe, Proben an den Injektionsstellen nach einem festgelegten Schema (innerer und äußerer Teil der Injektionsstelle, siehe EMA Guideline zu Rückständen an der Injektionsstelle entnommen und die Rückstandskonzentration bestimmt. Die Wartezeit für essbare Gewebe wird in diesen Fällen so festgelegt, dass auch das Injektionsstellengewebe den MRL für Muskulatur bzw. – sofern vorhanden – den Referenzwert für Injektionsstellen (Injection Site Residue Reference Value, ISRRV) unterschreitet.

Weitergehende Informationen zur Durchführung von Rückstandsstudien (Anzahl der Tiere, Studiendesign, Probenentnahme etc.) sowie zur Festlegung von Wartezeiten können den wissenschaftlichen Leitlinien auf dieser Webseite der EMA (siehe „Residues and Withdrawal Periods“) entnommen werden.

Die Verantwortung für die Einhaltung der Wartezeit liegt beim Tierhalter. Um die Einhaltung von MRL-Werten zu kontrollieren sowie die illegale Anwendung verbotener bzw. nicht zugelassener Stoffe aufzudecken wurde als zentrales Element der Nationale Rückstandskontrollplan aufgestellt. Das Programm wird für Lebensmittel tierischen Ursprungs seit 1989 durchgeführt und wird vom BVL koordiniert.