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Als Anwender werden alle Personen bezeichnet, die im Rahmen einer tiermedizinischen Behandlung Tierarzneimittel verabreichen oder in Kontakt mit dem Tierarzneimittel bzw. Bestandteilen des Tierarzneimittels oder dem behandelten Tier kommen. Dabei kann es sich um professionelle bzw. geschulte Anwender wie beispielsweise Tierärzte, Tierarzthelfer oder Mitarbeiter landwirtschaftlicher Betriebe und nicht-professionelle Anwender wie Tierhalter oder Personen in deren Haushalt (einschl. Kinder) handeln.

Im Rahmen des Zulassungsverfahrens wird das gesundheitliche Risiko für Anwender aufgrund einer Exposition gegenüber einem Tierarzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch und vorhersehbaren Unfällen beurteilt, um gegebenenfalls Risikominderungsmaßnahmen für den Gebrauch des Tierarzneimittels festzulegen. Diese werden in der Fachinformation und der Gebrauchsinformation (Packungsbeilage) festgehalten.

Die Bewertung eines gesundheitlichen Risikos eines Tierarzneimittels für Anwender erfolgt entsprechend der EMA-Leitlinien für die AnwendersicherheitGuideline on user safety for pharmaceutical veterinary medicinal products“ (EMEA/CVMP/543/2003-Rev.1) bzw.Guideline on user safety of topically administered veterinary medicinal products“ (EMA/CVMP/SWP/721059/2014). Sie wird sowohl quantitativ als auch qualitativ durchgeführt.

Die quantitative Risikobewertung basiert auf dem Vergleich einer möglichen Exposition mit toxikologischen Referenzwerten, die aus pharmakologischen, toxikologischen und ggf. mikrobiologischen Studien für das Tierarzneimittel, den Wirkstoff oder einzelne Bestandteile des Tierarzneimittels abgeleitet werden, z. B. dem so genannten „No observed (adverse) effect level“, NO(A)EL. Dieser Begriff bezeichnet die Menge eines Stoffes, die in einer Studie keinen (schädlichen) Effekt auf den untersuchten Organismus hatte. Für die Risikobewertung wird in der Regel der NO(A)EL mit Bezug auf den empfindlichsten (schädlichen) Effekt in der empfindlichsten Spezies (einschl. Mensch) verwendet.

Für die Abschätzung realistischer Expositionen, die beim Umgang mit dem Tierarzneimittel und dessen Verabreichung an ein Tier möglich sind, werden im Rahmen der Zulassung folgende Aspekte berücksichtigt: wer soll das Tierarzneimittel anwenden, über welchen Weg findet eine Exposition statt (oral, dermal, inhalativ), die Darreichungsform (z.B. Lösung, Salbe, Spray) und die Wahrscheinlichkeit und Häufigkeit einer Exposition einschl. einer unbeabsichtigten Exposition (z.B. Verschütten, Selbstinjektion, Verschlucken, Hand-zu-Mund, Hand-zu-Auge) oder dem Kontakt nach Verabreichung (z.B. Streicheln eines behandelten Tiers). Bei der Bewertung einer unbeabsichtigten Exposition werden mögliche Risiken für Kinder besonders berücksichtigt.

Das Verhältnis zwischen Expositionshöhe und NO(A)EL wird als Margin of Exposure (MOE) bezeichnet. Liegt die Exposition mit ausreichendem Abstand (i. d. R. 100-fach) unter dem relevanten NO(A)EL, kann von einem geringen gesundheitlichen Risiko für den Anwender ausgegangen werden. Ist die Exposition hingegen nahe oder sogar oberhalb des NO(A)EL – der MOE ≤ 100 – müssen Risikominderungsmaßnahmen ergriffen werden.

Für lokale Effekte, wie Hautsensibilisierung oder Haut- und Augenreizung wird eine qualitative Risikobewertung durchgeführt, da hier in der Regel kein NO(A)EL abgeleitet werden kann. Ausschlaggebend für die Risikobewertung ist die Wahrscheinlichkeit einer Exposition, der ggf. mit Hilfe von Risikominderungsmaßnahmen begegnet wird (z.B. die Empfehlung, bei Verabreichung des Tierarzneimittels Handschuhe zu tragen).

Risikominderungsmaßnahmen können beispielsweise die Verringerung von Packungsgrößen, der Einsatz einer Dosiereinheit oder die Verwendung kindersicherer Verschlüsse sein. Außerdem können Vorsichtsmaßnahmen sowie Warnhinweise für die Anwendung des Tierarzneimittels formuliert werden, um einer möglichen Gesundheitsgefährdung vorzubeugen. Bei der Erarbeitung von Warnhinweisen sollte auch die Praktikabilität einer Vorsichtsmaßnahme in Betracht gezogen werden.